Falls sich jemand die Frage stellt, wie ich mich an jene Details erinnere möchte ich an dieser Stelle kurz erwähnen, dass ich meinen Ehemann und meine Schwester bei der Geburt dabei hatte. Meine Schwester hat meine Familie mit den ganzen Info’s versorgt und immer auf dem Laufenden gehalten. Um dies hier zu schreiben lese ich also den Chat meiner Familiengruppe und muss schon zugeben, dass hier und da Tränen geflossen sind. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, wenn man diese Momente nochmal durchlebt. Ich bin unendlich dankbar, dass es uns gut geht.
12.03.2024 | ca. 03:00 Uhr
Nun ich war in der SSW 38+4 als ich einen Termin beim Gynäkologen hatte, um Blut abnehmen zu lassen. In der Nacht vom 12.03.24 gegen 3 Uhr morgens bin ich allerdings mit Periodenartigen Schmerzen aufgewacht und habe mich bei einer Arztvertretung untersuchen lassen. Damit man die Schmerzen besser einschätzen kann will ich einen kurzen Einblick geben:
Ich hatte schon in der Jugend extreme Periodenschmerzen, vor allem die ersten zwei Tage der Periode. Danach hatte ich keine Schmerzen mehr. Mit zwei Tabletten Dolormin für Frauen am Tag habe ich die Schmerzen gut in Schach halten können. Mit den Schmerztabletten hat es sich angefühlt, als hätte ich meine Periode gar nicht. Somit hatte ich nur die ersten zwei Tage meiner Periode 10 von 10 Schmerzen.
In der Nacht vom 12.03. war es vielleicht eine 4 oder eine 5 von 10 Periodenschmerzen. Deshalb bin ich auch nicht davon ausgegangen, dass es jeden Moment losgehen kann. Es hat sich noch nicht so angefühlt. Aus diesem Grund habe ich auch meinen Mann nicht geweckt. Ich konnte jedenfalls nicht mehr schlafen und wälzte mich hin und her. Ich hatte um 10 Uhr den Arzttermin und die Vertretungsärztin untersuchte mich.
Die Frauenärztin sagte das sich der Schleimpfropf gelöst hat und das CTG sah gut aus. Sie meinte, dass der Gebärmutterhals schon verstrichen ist, aber der Muttermund noch geschlossen sei. Ich sei quasi in der Vorbereitung der Geburt und die Wehen sind eine Art Übungswehen. Sie meinte das es jeden Moment losgehen könnte, aber es auch erst in ein paar Tagen oder erst nächste Woche losgehen kann. Ich sollte mich auf jeden Fall schon mal bereit machen. Die weitere Untersuchung verlief gut und sie konnte auch das Köpfchen fühlen.
Also sind wir wieder nach Hause gefahren und ich hatte es mir auf der Couch schön bequem gemacht. Ich hatte im Verlaufe des Tages immer wieder diese Senkwehen und habe die Abstände mit dieser App getrackt. Die Abstände wurden geringer und die Übungswehen auch heftiger. Sagen wir eine 6/7 von 10 Periodenschmerzen.
12.03.24 | ca. 17:00 Uhr
Also sind wir gegen 17 Uhr ins Krankenhaus gefahren. Es wurde erst mal ein CTG gemacht und anschließend wurde ich untersucht. Bei der Untersuchung stellte sich heraus, dass der Muttermund bei einer Öffnung von 2 cm ist. Die Hebamme hat mir die Entscheidung überlassen, ob ich erst mal nach Hause möchte und wiederkomme, wenns richtig losgeht oder ob ich direkt im Krankenhaus bleiben möchte. Wir haben uns entschieden im Krankenhaus zu bleiben, weil ich ehrlich gesagt Angst hatte, dass später alle Kreißsäle belegt sind und keine Schwangeren mehr aufgenommen werden können. Also blieben wir dort und wurden direkt in den Kreißsaal begleitet. Ich hatte mit der Hebamme gesprochen das ich in die Badewanne möchte und so hat sie mir die Wanne bereit gemacht. Ich war ca. 2 Stunden in der Wanne und die abstände der Wehen wurden geringer und die Wehen selbst wurden schmerzhafter. Das warme Wasser hat aber so gut getan und mir wirklich geholfen zu entspannen. Irgendwann musste ich mich plötzlich übergeben und mein Mann hat mir schnell den Mülleimer überreicht. Die Hebamme sagte das es völlig normal sei und das hat mich dann auch weiter nicht beunruhigt. Anschließend habe ich wirklich versucht zu entspannen und positiv zu denken. Ich habe mich gefreut mein Baby bald in den Armen halten zu können. Die Wehen kamen und gingen, sodass wir den Abstand dann auch nicht mehr gemessen haben. Wir wussten das es bald losgeht.
12.03.24 | ca. 21:00 Uhr
Nach der Wanne habe ich mich auf den Gymnastikball gesetzt und kreisende Bewegungen gemacht. Währenddessen hat meine Schwester uns was von MCDonald‘s gebracht und obwohl ich so ein Hunger hatte konnte ich in dem Moment gar nicht ans essen denken. In diesem Moment habe ich versucht die Wehen einfach weg zu atmen.
12.03.24 | ca. 21:30 Uhr
Die Wehen wurden heftiger, sodass ich mich hingelegt habe und eine Infusion gegen die Schmerzen bekommen habe. Ich wurde nochmals Untersucht und der Muttermund war nun bei 3 cm. Im Geburtsvorbereitungskurs haben wir verschiedene Atemtechniken kennengelernt und diese habe ich bei jedem Wehen-Schub angewendet.
Die Atmung ist das A und O! Wenn die Wehe begonnen hat, habe ich 4 Sekunden tief durch die Nase geatmet und dann 8 Sekunden durch den Mund ausgeatmet. Diese Atemtechnik hat bei mir sehr gut funktioniert!
Das hat natürlich dazu geführt, dass meine Lippen, der Mund und der Hals so trocken wurde, dass ich sehr viel getrunken habe. Kleiner Tipp an der Stelle: ich habe mir eine Trinkflasche mit Strohhalm mitgenommen und meine Schwester / mein Ehemann haben mir diese immer mit Wasser aufgefüllt. So war es viel leichter zu trinken. Die Trinkflasche findet ihr hier. Dementsprechend musste die Hebamme später gelegentlich meine Blase manuell entleeren. Natürlich habe ich es auch nicht immer geschafft „richtig zu atmen“. Hin und wieder oder vielleicht sogar öfters hat mein Mann mich motiviert weiter zu atmen, weil ich ganz unbewusst die Luft angehalten habe, um einen größeren Druck aufzubauen. Das sollte natürlich nicht passieren und deshalb ist es wirklich wichtig weiter zu atmen. In solchen Momenten war die Unterstützung meines Mannes ein wahrer Segen. Jede Frau ist unterschiedlich und möchte vielleicht in Ruhe gelassen werden oder eskaliert völlig und schreit den ganzen Kreißsaal zusammen. Jede sollte das tun, was einem gut tut. Egal was andere in diesem Raum darüber denken.
12.03.24 | ca. 23:00 Uhr
Die Infusion hatte so gar nicht geholfen. Ich hatte das Gefühl das sie gar nicht gewirkt hat. Somit habe ich nach der PDA gebeten. Dazu wird ein Anästhesist gerufen, der dann eine Spritze am unteren Rücken in den Rückenmark setzt. Ich musste ruhig sitzen und wir haben dementsprechend gewartet bis der Wehenschub vorbei war und ich eine kurze Pause hatte. Die PDA hat dazu geführt, dass ich hin und wieder eingeschlafen bin. Die Wehen waren nicht mehr so stark und ich konnte etwas entspannen.
13.03.24 | ca. 00:15 Uhr
Ich wurde noch mal untersucht und der Muttermund war nun bei 7 cm. Ich habe mich noch etwas ausruhen können und bin immer wieder eingedöst, bevor es dann richtig losging.
13.03.24 | ca. 01:30 Uhr
Die Hebamme hat die Geburt eingeleitet und jetzt ging es richtig los. Das aktive Pressen hatte begonnen und die Schmerzen waren keine 10 von 10 sondern eine 20 von 10. Ich weiss nicht wie ich diese Schmerzen beschreiben soll. Das war einfach zu heftig. Ich war so froh, dass mein Ehemann und meine Schwester bei mir waren. Mein Mann hat mich die ganze Zeit begleitet und supportet. Ohne Pause. Ohne die zwei hätte ich es nicht so geschafft. Ich hatte leider das Problem, dass mein Baby im Becken festhing. Ich habe verschiedene Positionen ausprobiert, aber keine hat so richtig geholfen. Irgendwann lag ich auf dem Rücken bzw. saß halbwegs.
Ich hatte so schmerzen, dass ich irgendwann die Beine nicht mehr so richtig weit auseinander halten konnte. Die Hebamme meinte ständig, dass ich die Beine weiter auseinander halten sollte, weil das Baby Platz bräuchte, aber meine Angst vor den Schmerzen haben es einfach nicht zugelassen. Irgendwann wurden diese Beinstützen an das Bett befestigt, die man auch vom Untersuchungsstuhl beim Gynäkologen kennt. Diese Beinstützen haben getan wofür sie da sind und waren mir wirklich eine Hilfe, da ich die Beine nicht mehr zusammen bewegen konnte. Und dennoch hat das Pressen nicht geholfen.
Ich atmete die Wehen weg so gut es ging, aber vergaß das atmen auch mal und schrie das ich nicht mehr kann. Mein Mann fing mich auf und erinnerte mich weiter tief einzuatmen und wieder auszuatmen. Nach einer Weile hat die Hebamme die Oberärztin gerufen, weil wir kein Stück voran gekommen sind und das Baby quasi im Becken festhing. Die Oberärztin wandte nun den sogenannten „Kristeller-Handgriff“ an. D. h. Sie übte sehr großen Druck auf meinen Oberbauch, um das Baby durch den Becken zu bekommen. Sie sagte, dass ich bei Schmerzen ihr Bescheid geben sollte. Sie drückte 3x bis ich Stopp gerufen habe. Dieser Schmerz war kaum auszuhalten. Meine Schwester sagte mir im Nachhinein dass sie sich wie bei Greys Anatomie vorkam. Diese Ganze Action in dem Kreißsaal war auch für sie zu viel. Ich erinnere mich das die Hebamme irgendwann gesagt hatte, dass das Köpfchen zu sehen ist und mich fragte, ob ich es fühlen möchte. Ich verneinte diese frage (wahrscheinlich schrie ich sie eher an..) ich wollte nichts fühlen. Ich wollte das es einfach vorbei ist.
13.03.24 | ca. 04:20 Uhr
Die Oberärztin fragte mich, ob sie noch mal drücken könnte, ob ich es noch mal schaffe den Schmerz auszuhalten. Ich nahm all die Kraft die ich noch hatte und bejahte. Nach dem 3. oder 4. mal drücken, sagte die Hebamme das ich weiter pressen sollte. Und nach ein paar mal Pressen flutschte sie um 04:26 Uhr endlich raus. Ich war sowas von erleichtert. Wir waren endlich erleichtert. Die kleine Maus fing sofort an zu weinen und die Hebamme wartete noch einen Augenblick, bevor sie mir die kleine auf die Brust legte. Nachdem die Nabelschnur auspulsierte lag die kleine auf mir und die Hebamme gab mir die Schere in die Hand, um die Nabelschnur zu durchtrennen. Und mithilfe meines Mannes trennte ich sie. Es war geschafft. Ein paar Minuten später presste ich die Plazenta aus. Das ging relativ easy und schnell. Und das wars. Es war vorbei. Auf der einen Seite habe ich mich gefühlt, als hätte mich ein Zug überrollt. Ich war fix und fertig. Jeder einzelne Knochen hat weh getan, ganz zu schweigen die Geburtsverletzungen die ich erlitt. Und auf der anderen Seite war die pure Erleichterung, pure Liebe und Dankbarkeit.
Ich möchte keinem Angst einjagen, aber
jeder erzählt, dass sobald das Baby in den Armen ist, man all die Schmerzen vergisst.. bullshit, wenn man mich fragt. Ich habe diese Schmerzen eine Weile nicht vergessen. Und dennoch war ich überglücklich das Schönste in meinen Armen halten zu dürfen. Die Hebamme sagte, wenn der Kristeller Handgriff dieses mal auch nicht geholfen hätte, hätte man die Saugglocke verwenden müssen. Ich war so glücklich, dass die Saugglocke nicht zum Einsatz kam und die Oberärztin mich ein zweites Mal fragte, ob ich es noch mal schaffe.
Während ich mich noch im Kreißsaal ausruhte, wurde die kleine Maus untersucht und sie war 52 cm groß und wog 3350 Gramm. Wie winzig sie war..
Zudem wurde bei der kleinen Maus eine erhöhte Wahrscheinlichkeit auf Gelbsucht festgestellt. Man erklärte uns, dass das aufgrund der verschiedenen Rhesusfaktoren vorkommen kann. Wir sollten daher viel Tageslicht ins Zimmer lassen, um den Bilirubin-Abbau zu beschleunigen.
Ich hatte Geburtsverletzungen zweiten Grades und aufgrund eines Notfalls musste ich warten, bis ich genäht worden bin. Als die Oberärztin schließlich zu mir kam, habe ich eine örtliche Betäubung bekommen und ich habe wirklich nichts gespürt. Wir haben sogar währenddessen etwas gesnackt.. und zwar dieser kalte MCChicken, den meine Schwester uns paar Stunden zuvor mitgebracht hatte. Und im ernst.. das war so lecker!! Es war zwar kalt, aber in diesem Moment war einfach alles egal!
Mithilfe der Hebamme bin ich auf die Toilette gegangen und als ich alleine auf der Toilette war habe ich erst mal schlucken müssen, wieviel Blut ich verliere. Das war so viel, dass ich mich nicht getraut habe die Toilette ohne zu putzen zu verlassen. Die Hebamme hat schon an der Tür geklopft, um zu fragen, ob alles ok ist. Wir waren erst gegen 08:30 Uhr auf dem Zimmer und haben uns dann etwas ausruhen können. Natürlich begann das Bonding, also mein Mann und ich haben abwechselnd eine Art Schal angezogen und die Kleine auf unseren nackten Oberkörper gelegt.
Auch wenn niemand darüber spricht, was auf einen nach der Geburt zukommt, möchte ich hier einen kleinen Einblick geben. Auf dem Zimmer habe ich von den Hebammen tiefgefrorene Binden bekommen, die in einer Tinktur lag (ich weiss leider nicht mehr genau in was es lag, aber hier gibt es etwas ähnliches zum selber machen) nach dem auftauen habe ich sie in meine Netzunterwäsche gelegt und das hat richtig gut getan und kann sie wirklich weiter empfehlen. Ausserdem habe ich in seltenen Fällen auch mal Hämorrhoiden und nach dem ganzen Pressen ist unten rum alles angeschwollen gewesen. Ich konnte kaum auf die Toilette und eine Hebamme empfahl mir eine Rosskastaniensalbe. Sowohl diese Salbe als auch andere Salben habe ich zum abschwellen genutzt.
Ich habe bei der Geburt so geschwitzt, dass ich ein paar Stunden später geduscht habe. Das Badezimmer ist groß genug, um 2 Personen rein zu bekommen. So hat mir meine Schwester beim duschen geholfen. Wir haben den ganzen Tag nicht geschlafen, weil wir es mental verarbeiten mussten und auch zu müde waren, um einzuschlafen. Das Stillen hatte glücklicherweise gut geklappt. Die Hebammen waren sehr kompetent und hilfsbereit. In diesem Artikel habe ich ausführlich über meine Erfahrungen mit dem Stillen geschrieben. Am 15.03.24 wurden wir nach der U2 Untersuchung entlassen und es ging endlich für die frisch gebackenen Eltern und ein Neugeborenes nach Hause.
Wir sind am nächsten Tag noch mal zur Ambulanz gefahren, damit der Gelbsucht-Wert überprüft werden kann. Der Wert ist nur um 0,3 gestiegen und nach Rücksprache mit der Ärztin konnten wir wieder gehen und sollten es die nächsten Tage beobachten. Zum Glück legte sich das schnell und die Kleine musste deswegen nicht therapiert werden.
Der Anfang und kein Ende in Sicht
Eine neue Reise bringt auch viele Geschichten mit sich. Auch Geschichten, über die man nicht so häufig ließt, über die keiner spricht, die zum Teil vielleicht sogar tabuisiert werden. Wir werden versuchen offen über unsere Erfahrungen zu berichten.
Man ist nicht von heut auf morgen Mutter und Vater. Man wächst als Mutter und Vater mit dem Baby zusammen.